Klar, die Erotik Party ist ein Vergnügen für alle über 18. Aber mit der Zahl hat es noch mehr auf sich — die Erotik Party ist inzwischen nämlich selber schon längst Volljährig! Im September 1991 fand die Party mit dem Namen »Bodies in Emotion« zum ersten mal statt und wurde schnell zum beliebten Klassiker unter den Safer-Sex-Parties in Berlin.

»Ficken für die Miete«?

Seit einem halben Jahrhundert steht die AHA jeden Monat auf’s neue vor derselben Frage: Wie bezahlen wir unsere Räume? Die AHA arbeitet schließlich als einziges schwules Projekt in Berlin seit ihrem Bestehen ohne Zuwendungen vom Senat! Seit 1991 gibt es eine Antwort auf diese Frage: Die Erotik Party »Bodies in Emotion« – intern auch gerne »Ficken für die Miete« genannt.

Wie alles begann

Weißt Du noch, was eine Jack-Off-Party ist? Das war die wenig befriedigende Antwort auf die Alternative »keinen Sex« oder »Safer Sex«: Die Gäste legten Hand an sich – und sonst gar nichts. Damit war aber niemand wirklich glücklich – außer dem Veranstalter.

Das SchwuZ, die Bundesversuchsanstalt für neue Lebensweisen, erprobte Anfang der 90er Jahre eine neue Idee: Die »Safer-Sex-Party«. Alle Gäste wußten, daß hier nur Safer Sex praktiziert werden durfte; dazu standen Kondome und Gleitgel bereit. Die AHA – stets am Puls der Zeit – erkannte ebenfalls das Potential dieser neuen Veranstaltung, überarbeitete das Konzept und entwickelte die Erotik Party mit dem Namen »Bodies in Emotion«.

Seither werden die Räume der AHA jeden zweiten Freitag im Monat von ehrenamtlichen Mitarbeitern »fickfertig« gemacht. Hinter einem kleinen Vorraum, in dem man sich um- oder ausziehen kann, erwartet die Gäste eine gemütliche Bar mit behaglicher Atmosphäre – und in dem jeden Monat neu gestalteten »Labyrinth« mit Separées, Gängen, Spielwiesen, Darkroom und einer »Läster-Couch« geht's dann zur Sache. Gleitgel und Kondome liegen überall in geschmackvollen Schalen bereit.

Erotik unter Engeln

Damit hat sich die AHA nicht nur um eine Verbreitung des »Safer Sex«-Gedankens verdient gemacht, sondern die Eintrittsgelder der vielen Gäste, die Monat für Monat am Eingang Schlange stehen, helfen auch mit die Miete zahlen können. Selbst für allerlei stimmungsvolle Dekorationselemente, die der Erotik-Party einen ganz besonderen Reiz geben, bleibt meist noch etwas übrig. Die Ausstattungen richten sich nach Jahreszeit oder Feiertag - zum Beispiel zu Weihnachten können die Gäste alle Glocken zum Schwingen und alle Engel zum Singen bringen; auch der »Tag der deutschen Einheit« bekommt ganz neue Inhalte.

Die Gäste lieben unsere Erotik-Party, weil sie alles tun und lassen dürfen - solange es safe ist. Sie müssen sich weder ganz ausziehen noch in Fetischkleidung kommen; sie können sich an der Bar unterhalten oder sich im Finstern fallen lassen. Dabei ist die Atmosphäre angenehm und freundlich - und falls jemand einmal nicht möchte, wird das »Nein« respektiert. Jüngere und reifere Gäste begegnen sich im Halbdunkel des »Labyrinths« und entdecken aneinander immer wieder Neues, und die Stammgäste – etwa ein Drittel der Erotik-Party-Besucher – führen neue Gäste einfühlsam ein.

Die Geschichte der »Bodies in Emotions« ist reich an Anekdoten, die aber nicht zur Veröffentlichung geeignet sind. Deshalb hier eine ganz harmlose: »In den Anfangsjahren wurden die Stoffe und Dekorationen an Seilen aufgehängt, die dicht unter der Decke gespannt waren«, erzählt Tsaki vom AHA-Vorstand. »Eines Tages kam ein Dübel aus der Wand; alles gab auf einmal nach – und die Gäste fanden sich plötzlich unter einem Berg aus Stoffen und Seilen wieder. Nach einem kurzen Moment der Verwirrung haben die Leute herzlich gelacht – und dann eben unter den Stoffen weitergemacht.«

Warum tun wir uns das an?

»Uns selbst macht die Party eine Menge Spaß, weil sich unsere Gäste sehr wohl fühlen – und weil wir selber auch gerne mal von dem üppigen Angebot an Männern naschen«, meint Mike, ebenfalls vom Vorstand. »Schließlich soll sich die Arbeit ja auch lohnen.«

Doch genauso wichtig sind die Einnahmen aus der Party für die AHA. »Da wir keine öffentlichen Gelder bekommen, müssen wir uns eben anders finanzieren«, sagt Holger, der Kassenwart des Vereins, mit einem Schmunzeln. »Ohne die Erotik-Party könnte die AHA kaum ihre laufenden Kosten decken, aber so können wir unabhängig bleiben und das tun, was uns Spaß macht. Und das ist wichtiger, als sich ständig mit anderen um die raren Subventionen streiten zu müssen. Die AHA tut das, was die Politik immer so gerne fordert – ehrenamtliches Engagement ohne staatliche Hilfe.«

Auf diese Weise bietet die AHA mit der Jugendgruppe, dem Spieleabend, dem Café am SonntagBühnenshows und Theaterprojekten sowie diversen anderen Gruppen und Veranstaltungen ein umfangreiches Kontrastprogramm zur kommerziellen Szene.

Dieser Text entstand anlässlich des 10-Jährigen Jubiläums im September 2001.